Es ist anfangs schon ein wenig verwirrend. Das Kleinwalsertal, das nur von Bayern auf einer Straße erreichbar ist, gehört zum österreichischen Bundesland Vorarlberg. Es ist damit – politisch gesehen – eine Enklave. Sprachlich betrachtet, ist es eine Insel des Höchstalemannischen. Wir bitten Karl Keßler, Mitherausgeber des Walser Mundartwörterbuchs, um Aufklärung. „Die Walser kamen im Jahr 1270 aus dem deutschsprachigen Wallis, also aus der Schweiz, ins Tal, das heute nach ihnen benannt ist“, weiß der Dialektexperte. „Fünf Familien wanderten über die Berge und siedelten sich in dem Tal an, das seit 1453 im Besitz der Habsburger war und 1814 endgültig zu Österreich kam.“
Über die Entwicklung in Oberstdorf weiß Albert Vogler Bescheid, der uns auf ein Wörterbuch des Oberstdorfer Dialekts verweist. „Unser Dialekt ist der Allgäuer Dialekt, dem Alemannischen verwandt“, berichtet der umtriebige Schneidermeister, dem es ein besonderes Anliegen ist, bei Schulkindern das Bewusstsein für die eigene Mundart wachzuhalten.
Alles klar, wir haben es also mit zwei Arten des Alemannischen zu tun, wir lagen mit der Schweizer Assoziation also gar nicht so weit daneben. Was uns aber doch wundert, ist die Tatsache, dass für ein und dieselbe Sache oft völlig unterschiedliche Begriffe verwendet werden. Wie kommt das denn?
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In Jahrhunderten ohne Internet, Zeitungen und Fernsehen prägten sich, in oft monatelanger Abgeschiedenheit in den Bergen, originale Begriffe, die bis heute im jeweiligen Dialekt erhalten sind. Das ist nicht weiter ungewöhnlich und zeigt, wie kreativ die Menschen in Oberstdorf und im Kleinwalsertal mit ihrer Sprache umgingen. So wie heute neue Wörter in den Duden aufgenommen wurden, einigte man sich durch die Zeiten immer wieder auf neue Bezeichnungen, stillschweigend oder ausdrücklich, denn Sprache ist eben etwas sehr Lebendiges. Karl Keßler und Albert Vogler bieten uns einen spannenden Einblick in sehr unterschiedliche Begriffe, die wir hier für Sie gesammelt haben.
Sie sind lautmalerisch, manchmal derb, bezeichnen Eigenschaften und bieten Erstaunliches: Dialektwörter. Wussten Sie zum Beispiel, dass die Mundarten bei den Zahlen unterscheiden, ob männliche, weibliche oder sächliche Gegenstände gezählt werden? Staunen Sie mit uns über folgende Wörter (am besten laut lesen!):
Begriff | Oberstdorf | Kleinwalsertal |
---|---|---|
Wie geht es dir? | Wie hosch es? | Wia gait s dir? |
Mädchen | Feel | Maika |
Junge | Büe | Buab |
Senke | Dieche | Doola |
Latsche (Lärche) | Tüüfa | Aadla |
Jauche | Laache | Bschütte |
ein wenig | a wink | a chlei |
Dachrinne | Treifflar | Schpoorchändl |
Matsch | Glätsch | Gschlütter |
Vormittag | dr `voar | Vormittag |
Nachmittag | dr`noa | Noomittag |
Montag | Määtag | Mentig |
Dienstag | Aftr-Määtag | Ziischtig |
Mittwoch | Mikte | Mittwucha |
Donnerstag | Dunschtag | Donschtig |
Nicht nur einzelne Wörter, auch Sprichwörter spiegeln den ganzen Reichtum der alemannischen Dialekte. Oft entstammen die verwendeten Begriffe dem bäuerlichen Umfeld, wie beim Sprichwort „Dr Mischthuufa döngga“ sichtbar wird. „Den Misthaufen düngen, das heißt bei uns einen Reichen noch reicher machen“, schmunzelt Karl Keßler aus Kleinwalsertal. Was „Dr Teifl schiißt allig a dia grooßa Hüüffa“ heißt, erschließt sich auch erst mit der Hilfe des Mundartexperten. „So sagen wir, wenn einem Reichen ein Erbe zufällt“, klärt uns Karl Keßler auf. Und weil der Spruch gilt „Wem nüüd düür d Hand gaid, dem gaid au nüüd düür ds Muul“ (Wer nichts arbeitet, hat auch nichts zu essen), nehmen wir von den beiden Dialektliebhabern Abschied und kehren, voll mit neuen Eindrücken, in unsere Redaktion zurück.
Noch viel mehr unterhaltsame Ausrücke und Redewendungen entdecken Sie ganz bestimmt in Ihrem nächsten Winterurlaub im Zwei-Länder-Skigebiet Oberstdorf-Kleinwalsertal. Und ein wenig Alemannisch sprechen Sie jetzt ja auch schon!
Bilder: Kleinwalsertal Tourismus eGen